Der Prototyp
Auf zwei bislang unbebauten Grundstücken in der Görschstraße 48/49 im Florakiez in Berlin Pankow wird der Prototyp nun erstmalig umgesetzt. Innerhalb des Blockrandes vermittelt der neue Baukörper zwischen den Traufhöhe, den Baufluchten und Vorgartenstruktur der Nachbarbebauung.
Der Name ist Programm. Trotz der innenstadtnahen Lage sollen hier die Vorzüge vom Wohnen im Grünen erlebbar sein: breite Vorgärten, ein üppiger Garten und eine großzügige Dachterrasse sind drei grüne Komponenten, die neben den privaten Balkonen jedem Bewohner auch gemeinschaftliche genutzte Freiflächen bieten.
Das Wohnhaus wird von der Straße über einen großzügigen Foyer mit zwei innen liegenden Treppenhäusern erschlossen. Die zwei äußeren Maisonettewohnungen werden direkt von der Straße betreten. Die 13 Wohnungen verfügen über Wohnflächen zwischen 100 – 200 m² und sind jeweils zum Vorgartengrün der Straße und zum Gartengrün im Hof orientiert. Es gibt sechs Maisonettewohnungen, fünf davon nebeneinander im EG und 1.OG, eine im 3. und 4. OG. Die weiteren sieben Etagenwohnungen befinden sich im 2., 3. und 4. OG. Insgesamt ergibt das eine Wohnfläche von 1870 qm. Die konstruktive Höhe der Vollgeschosse beträgt 3,20 m, damit verbleibt den Bewohnern eine großzügige lichte Raumhöhe von immerhin 2,80 m. Das wurde unter anderem durch den Verzicht auf abgehängte Decken oder die Verkapselung der Deckenflächen erreicht: die Decken sind durchgängig holzsichtig und lediglich mit einer Brandschutzlasur beschichtet. Alle Grundrisse wurden individuell mit den zukünftigen Nutzern geplant, die sich als Baugemeinschaft organisiert haben. Gemeinsam geplant wurden Garten, die Dachterrasse als „Erwachsenenspielplatz“, das Foyer mit Platz für Besprechungen und Feste aber auch der Keller mit Pelletheizung und den technischen Anlagen für das Energieeffizienzhaus 70. Sogar die Fassadengestaltung entstand im gemeinsamen Abstimmungsprozess auf der Grundlage verschiedener Architekturentwürfe.
Die Vielfalt der 13 unterschiedlichen Wohnkonzepte wird in der Fassade durch umlaufende vorgelagerte Metallbänder im Bereich der Geschossdecken zusammengefasst. Zwischen den Bändern wechseln sich bodentiefe Fenster mit dunkel eingefärbten Fassadenpaneelen je nach Wohnungsgrundriss ab. Die Bänder beinhalten Sonnenschutzelemente und filigrane Stabgeländer. Vom 2. bis 4. OG sind sie als durchgehende Austritte geplant, über die sich die Bewohner einer Etage gegenseitig besuchen können. Im Erdgeschoss wird durch einen Materialwechsel aus einer Lärchenholzbrettschalung und größeren Fensteröffnungen eine Sockelzone ausgebildet.
Auf der Gartenfassade wiederholt sich das Fassadenspiel aus Fenstern und dunkel durchgefärbten Faserzementplatten. Hier wechseln in den Fensterbändern bodentiefe Fenster mit Geländern und Fenster mit geschlossenen Brüstungspaneelen. Analog zur Straßenseite setzt sich das Erdgeschoss mit größeren Fensterformaten und der Lärchenholzbrettschalung als Sockel ab. In die Fassadenbänder werden die. 2 Meter tiefen Einzelbalkone integriert.
Ein mehrgeschossiges Holzhaus, das auch wie ein Holzhaus aussieht
Der mehrgeschossige Holzbau schließt in der Regel den Einsatz von holzsichtigen Oberflächen aus: Decken und Wände werden gekapselt und die Verwendung von holzsichtigen Werkstoffen in der Fassade ist auch mit ausgefeilten Brandschutzkonzepten nur schwer zu realisieren. Nun kann man argumentieren, dass auch ein Massivbau seine Konstruktion hinter vorgehängten Fassaden oder Wärmedämmverbundsystemen verbirgt. Doch Bauherren, die sich für eine Holzbau entscheiden, wollen das in der Regel auch von Außen sehen. Das Projekt 3XGRÜN hat hier einen cleveren Haken geschlagen: Die vorgelagerten Balkonbänder wirken wie Brandschürzen und erlauben auch auf der Straßenseite den Einsatz einer Holzverschalung im Erdgeschoss. In den übrigen Etagen werden die unverkapselten Holzdecken bis nach außen geführt. Die innen liegenden Holzdecken sind durch die großzügigen Verglasungen von außen gut sichtbar, so dass man bei der Betrachtung des Hauses aus der Straßenperspektive eine Menge Holz zu sehen bekommt.
Tragkonstruktion – 3XGRÜN ist als 5-geschossige Holzbau mit Stahlbetonanteilen konzipiert. Die vertikale Lastabtragung erfolgt über eine Holzskelett Konstruktion mit Stützen aus Brettschichtholz und deckengleichen Unterzügen in Kerto S. Die Deckenelemente sind aus 189mm starken Leno-Massivdecken in Elementgrößen von im Mittel 3m x 6m konstruiert. Im Bereich der Balkone kragen die Decken bis zu 2m über die fassadenseitigen Unterzüge aus.
Die Holzskelett Konstruktion der Außenwände wird mit 36cm starken Holzrahmenelementen, bzw. großformatigen Fensterelementen ausgefacht.
Die durch Lasten und Feuchtigkeit hoch beanspruchten Bauteile wie Gründung, Keller, Brandwände und Treppenhauskerne werden in Stahlbeton errichtet.
Brandschutz – Für 3XGRÜN wurde ein objektbezogenes Brandschutzgutachten erstellt, das weitreichende Vereinfachungen in Konstruktion und Brandschutz erlaubt. In Abweichung von der Musterholzbaurichtlinie werden die Leno-Massivdecken holzsichtig ausgeführt und lediglich mit einer transparenten B1 Beschichtung versehen, die Kapselklasse der Aussenwände wird von K60 auf K30 reduziert.
Schallschutz – 3XGRÜN muss als Wohnungsbau den erhöhten Anforderungen nach DIN 4109-2, bzw. den Richtlinien nach VDI genügen. Dies wird erreicht, indem zum einen Bauteile voneinander entkoppelt werden, zum anderen die Masse der Leno-Massivdecken durch eine 6cm starke Splittschüttung erhöht wird.
Vorfertigung und Montageablauf – Alle Holzbauteile werden als großformatige Elemente vorgefertigt. Die Decken beim Systemhersteller, die Wandelemente in der Berliner Zimmerei vor Ort. Die Stahlbetonwände werden ebenfalls vorgefertigt und als Halbfertigteile angeliefert. Der Rohbau wächst geschossweise. Das Richten der Holz- und Stahlbetonfertigteile erfolgt Zug um Zug, wobei die Schnittstelle zwischen Holz- und Rohbauer eine präzise Koordination auf der Baustelle erfordert. Bei diesem Vorgehen wird ein Geschoss mit 450 m² in lediglich 2 Wochen errichtet.